Zur Neu-Ulmer Sparkasse (vulgo Brückenhaus)

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Weil´s mit „auf dem Wasser gehen“ in zinsarmen Zeiten doch nicht so ganz klappt versucht man halt wenigstens über den Wassern zu schweben. Der Versuch des Kapitals, sich den alten Fluss unter den Nagel zu reißen, verrät – wie auch schon bei der Sparkasse auf der Ulmer Seite – eine jedes gebaute Umfeld ignorierende Rücksichtslosigkeit. Wie damit die so oft beworbene „bodenständige Verwurzeltheit“ des Instituts vermittelt werden soll weiß wohl nur der Entwerfer, aber vermutlich war ihm das völlig egal. Kein Wunder, dass der Fluss lieber das Weite sucht.

Hauptsache laut, Hauptsache Event, Hauptsache trara.

Indes: die Niederungen und Sachzwänge des industriellen Angebots erden letztlich den hochfliegenden organischen Ansatz und führen zu Krücken wie dem schuppenartigen Aneinanderfügen der flächigen Fensterbauteile. Was der Amöbe im Grundriss auch noch etwas reptilienhaftes zugesellt.

Vielleicht sollte ja Wrights Fallingwater House Pate stehen und die Träume von Hollywood geistern immer noch in den Köpfen. Leider vom Hollywood der 50er Jahre. Wenn´s ums heutige Hollywood ginge müsste man sich fragen wo denn die Dekonstruktivisten abgeblieben sind wenn man sie schon mal braucht.

Meinung zum Neubau der Ulmer Sparkasse

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Wenn einem als Architekt letztlich gar nichts mehr zur Fassadengestaltung einfällt leiht man sich halt was vom Nachbargebäude.  Anbiedernde Hochglanz-Spielerei, die aber mit dem Charme einer Gattersäge letztlich nur dem Auge des Betrachters Schmerzen bereitet. Selten war der abgenutzte Begriff „städtebauliche Dominante“ so passend wie bei dieser Sado-Maso-Architektur. Die ratlose Beliebigkeit der Obergeschosse setzt sich im unteren Gebäudedrittel mit den grotesk aus dem Maßstab geratenen Klinkerarkaden fort. Die konisch-abgeknickte Form des Arkadenpfeilers zeugt von Ignoranz des Entwurfs gegenüber jeder materialgerechten Bauweise, der Pfeiler wäre in ehrlicher Mauerwerksausführung gar nicht standsicher. Solche Zugspannungen (blau) können nur im Baustoff Stahlbeton aufgefangen werden. Auch hier zählt nur das Blendwerk vor dem in Wirklichkeit tragenden Beton. Nervöse Vorspiegelungsarchitektur an so zentraler Stelle der Stadt.

20151114_093227Ganz im Gegensatz dazu folgt der benachbarte Bau dem Entwurfsprinzip „gähnende Langeweile“. Das Ding könnte genauso gut in jedem x-beliebigen Industriegebiet der Welt stehen. Doch halt: bei genauerem Hinsehen entdeckt man, dass die senkrechten Pfeilerfertigteile mal nach links und mal nach rechts weisen. In einer dem Betrachter Rätsel aufgebenden Abfolge, die vermutlich Spannung generieren soll….

Man fragt sich generell warum Banken in den Innenstädten immer noch Bauplätze besetzen, mit denen in städtebaulicher Hinsicht bestimmt besseres anzufangen wäre. Die Funktion einer Überdachung für die Geldautomaten und Kontodrucker wäre auch auf andere Weise erfüllbar. Und wie oft geht man im Jahr zum Gespräch mit dem Kreditgeber oder dem Kunden“berater“? Das könnte auch im vorstädtischen Industriegebiet stattfinden.  Letztlich geht es wohl um die Symbolik der Macht.  Gerade hier in Ulm zeigt sich, dass mit Geld und der damit verbundenen Macht auch die misslungenste Architektur dem öffentlichen Raum zugemutet werden kann.